Studie „Sprichst Du Politik?“ – Wahlbeteiligung in Deutschland bei jungen Wählern
Eine Demokratie lebt von ihren Wahlen, die aber längst keine Selbstläufer sind. Eine hohe Wahlbeteiligung ist die Garantie für stärkere Ergebnisse, da es eine höhere Legitimation für die gewählten Parteien und Politiker gibt. Wenn man sich die Wahlbeteiligung der letzten Jahre anschaut, dann kann man erkennen, dass es einen deutlichen Abwärtstrend gibt. Einerseits sinkt die Wahlbeteiligung allgemein, andererseits ist sie vor allem bei jungen Wählern nicht allzu hoch. Vorwürfe an die Jugend und junge Menschen, die nicht an Politik interessiert wären, gibt es genug. Doch genauso gibt es auch sachliche Fragen, die nach den Ursachen schauen. Warum ist das Politikinteresse bei jüngeren Menschen so gering? Und ist das wirklich der Fall oder gibt es andere Gründe, die zu niedrigen Beteiligungen bei den Wahlen führen? Die Studie “Sprichst du Politik?” wollte genau diesen Fragen auf den Grund gehen. Mehr dazu in diesem Artikel.
Die Fragestellung der Studie zum Politikinteresse
Politische Unzufriedenheit ist allgegenwärtig und Schuldige werden an allen Ecken und Enden ausgemacht. Ein Vorwurf, der gerne und oft genannt wird, lautet, dass Jugendliche immer unpolitischer werden, was nicht nur das Interesse angeht, sondern auch das Engagement. Diese Kritik scheint berechtigt, wenn man einen Blick auf die Wahlbeteiligung junger Menschen wirft. Seit den achtziger Jahren sinkt die Wahlbeteiligung zwar insgesamt, ist aber vor allem bei Menschen unter 35 sehr niedrig. Sind junge Menschen also einfach nicht interessiert und scheren sich nicht um die Gesellschaft und das Allgemeinwohl? Wollen sich Jugendliche einfach nicht beteiligen?
Schon auf den ersten Blick lässt sich erkennen, dass sehr grobschlächtige Vorwürfe eher fehlgeleitet sind. Die Dämonisierung junger Menschen hat eine Tradition, die schon viele tausend Jahre alt ist. Es ist nicht damit getan, die geringe Wahlbeteiligung auf die Ignoranz der jungen Menschen zu schieben. Doch wollten es einige genauer herausfinden, weshalb die Studie “Sprichst du Politik?” auf die Beine gestellt wurde. Die Stärke der Studie besteht darin, dass junge Menschen selbst zu Wort kommen konnten und sich so ein differenziertes Bild ergibt, das auch Grund zur Hoffnung gibt. Jugendliche sind sehr wohl interessiert, fühlen sich aber oft ausgeschlossen.
Von wem stammt diese Studie?
Im Herbst 2010 trat eine Gruppe von Studierenden an das Forum Politik und Gesellschaft der Friedrich-Ebert-Stiftung, um einen Plan vorzustellen, in dem es um die wichtigen Fragen zu jungen Menschen und Politik geht. Die Gruppe wurde von Professorin Dr. Bettina Fackelmann geleitet, die eine der Autorinnen der Studie ist. Weitere Autoren sind Nina Arnold, Michael Graffius, Frank Krüger, Stefanie Talaska und Tobias Weißenfels. Als Redakteurin war Christina Schildmann von der Friedrich-Ebert-Stiftung beteiligt. Die Stiftung aus Berlin ist offiziell die Herausgeberin der Studie, deren Ergebnisse im Juni 2011 veröffentlicht wurden. Daneben gab es noch einige andere Personen, die an der Studie mitgewirkt haben. Natürlich auch die Lehrer und Schüler, die sich für die Interviews bereit erklärt haben.
Ablauf der „Sprichst Du Politik“ Studie
Die Sprichst Du Politik Studie wurde von den Studierenden durchgeführt, die dazu junge Menschen befragten. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die politische Kommunikation gelegt. Eine Grundannahme der Studie bestand darin, dass die Art und Weise, wie Politiker sprechen, einen großen Anteil daran hat, wie Politik von jungen Menschen aufgefasst wird. Man bediente sich der Methode der Grounded Theory. Dabei handelt es sich um eine Reihe von sozialwissenschaftlichen Methoden, die miteinander verbunden werden, um eine Theorie zu entwickeln, die möglichst nahe an der Realität liegt. Man wollte also wissen, was die jungen Menschen über Politik und die politische Kommunikation denken.
Zunächst gab es 27 Gruppeninterviews, die an Berliner Schulen durchgeführt wurden. Dabei kamen in schriftlicher Form 658 Seiten zusammen. Der nächste Schritt bestand darin, einen Online-Fragebogen zu erstellen, der bundesweit genutzt werden konnte. Insgesamt 30.122 junge Menschen haben teilgenommen und die Fragen beantwortet. Aus den Antworten konnten die Macher dann ihre Theorien ableiten, wie das Verhältnis von jungen Menschen gegenüber der Politik ist. Dabei schaute man vor allem auf Schüler, die im Alter von 16 bis 19 Jahren waren und somit erste Erfahrungen in politischer Hinsicht sammeln konnten.
Der Fragebogen der Studie „Sprichst Du Politik?“
In den Fragebögen zu Studie „Sprichst Du Politik“ gab es verschiedene Fragen, mit denen man mehr über die Verbindung der jungen Menschen mit der Politik herausfinden wollte. Unter anderem waren es folgende Fragen, die beantwortet wurden: “Wie informierst du dich über das Thema Politik?”, “Wie würdest du insgesamt dein Interesse an politischen Themen beschreiben?”, “Wo kommst du normalerweise mit politischen Themen in Berührung?”, “Inwieweit kommt Politik für dich persönlich in der Schule oder in Gesprächen mit Freunden oder in der Familie zu Geltung?” und “Wie siehst/nutzt du Politik in den Medien?”. Zudem gab es eine abschließende Bewertung darüber, was man allgemein über Politik denkt.
Wille und Interesse sind vorhanden
Die Ergebnisse der Studie sind sehr erhellend, zeigen sie doch sehr deutlich, dass es sich richtig herausstellt, dass junge Menschen durchaus ihre Probleme mit der Politik haben. Gleichzeitig sind aber die Gründe interessant, denn es ist kein generelles Desinteresse, das von den Jugendlichen ausgeht, sondern eher eine Reaktion auf die Sprache der aktuellen Politik. Wie Politik derzeit dargestellt wird und wie die politischen Akteure miteinander agieren, sorgt bei jungen Menschen oft für eine Überforderung, aus der dann die Abwendung folgt. Man ist sich der Verantwortung bewusst und weiß auch, dass der eigene Beitrag in der Demokratie immens wichtig ist. Doch es kommt zum Dilemma, dass man sich nicht in der Lage fühlt, diesen Beitrag zu leisten.
Wie können Jugendliche stärker eingebunden werden?
Der Befund ist recht eindeutig. Die jungen Leute möchten gerne, fühlen sich aber nicht imstande. Und vonseiten der etablierten Politiker fühlt man sich nicht ernstgenommen. Es geht nicht explizit darum, dass nur Themen besprochen werden, die für Jugendliche interessant sind. Vielmehr geht es um die Art und Weise, wie Politik kommuniziert wird. Aus der Sprichst Du Politik Studie können daher Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, wie junge Menschen stärker eingebunden werden können. Die erste Botschaft ist eindeutig: Politiker sollten so reden, dass man sie verstehen kann. Das bedeutet, dass man Alltagssprache nutzt, direkt und vor allem unkompliziert.
Auch will man nicht, dass Politiker sich hinter einem “Wir” verbergen oder Worthülsen benutzen. Die zweite Botschaft geht damit einher, richtet sich aber an die Medien. Deren Aufgabe muss darin bestehen, dass Politik verständlich wird. Streitkultur, wie man sie oft in den Talkshows sieht, ist alles andere, was sich die Jugendlichen wünschen. Ihnen geht es tatsächlich um eine sachliche Auseinandersetzung. Beim dritten Appell geht es um die Schule und die Bildungspolitik. Denn Schüler wünschen sich mehr politischen Unterricht, der dabei helfen kann, dass die Jugendlichen zu mündigen Bürgern werden können.
Fazit zur Studie „Sprichst Du Politik“
Jugendliche interessieren sich nicht für Politik, sie sind desinteressiert und wollen sich nicht beteiligen. So lauten oft die Vorwürfe, die allerdings ganz und gar nicht stimmen. Wie die Studie “Sprichst du Politik?” der Friedrich-Ebert-Stiftung sehr deutlich herausgearbeitet hat, wollen junge Leute sehr wohl partizipieren und ihren Teil beitragen. Nur fühlen sie sich von der aktuellen Politik überfordert, halten das politische Treiben eher für einen Club, der für sich ist und mit der Lebensrealität nicht viel gemeinsam hat.
Es geht dabei auch nicht explizit darum, dass nur Themen angegangen werden, die nur Jugendliche betreffen. Vielmehr muss sich die Kommunikation ändern. Sie muss klar, direkt und verständlich sein. Sowohl von den Politikern, als auch den Medien. Außerdem braucht es viel mehr politische Bildung in den Schulen. Sicherlich ein Ansatz, der auch vielen Erwachsenen guttun würde.