Kaufsucht » Wenn das Shopping zu einem echten Problem werden kann
Ohne Einkaufen wäre das Leben für viele von uns langweilig. Des Weiteren brauchen wir diesen Vorgang, um uns regelmäßig selbst versorgen zu können. Für andere wiederum stellt das Einkaufen einen sinnvollen Akt zur Aufwertung des persönlichen Status bei. Kein Wunder, Besitztümer in großer Anzahl zu haben bedeutete schon früher, vermögend zu sein. Doch viele Menschen in Deutschland sind im gleichen Atemzug auch kaufsüchtig, leiden also an akuter Kaufsucht.
Wer von der Kaufsucht besonders betroffen ist
Statistiken zeigen, dass vor allem Frauen von der Kaufsucht betroffen sind. Hierbei spielen das Alter sowie Einkommen keine Rolle. Zu beobachten ist auch, dass nicht mehr nur jüngere Menschen, sondern zunehmend auch ältere Personen unter diesem Aspekt leiden. Sicherlich gibt es auch zahlreiche Männer, welche an der Kaufsucht leiden, die Anzahl dieser ist jedoch überschaubar. Obendrein lässt sich feststellen, dass kaufsüchtige Frauen gern Kleidung, Kosmetik, Dekoration und Schuhe erwerben, Männer hingegen eher Artikel rund um das Thema Technik.
Wie viele Menschen kaufsüchtig sind
Fakt ist, eine genaue Anzahl von kaufsüchtigen Menschen kann man nicht feststellen. Dafür müssten alle einzeln erfasst, gezählt und dauerhaft gespeichert werden. Aufgrund der nachweisbaren und dokumentierten Fälle sowie einer Hochrechnung geht man derzeit von etwa fünf Prozent der Menschen in Deutschland aus, welche kaufsüchtig sein sollen. Die Dunkelziffer der Betroffenen wird jedoch viel höher sein.
Wie sich die Kaufsucht zeigt
Oft sind die Grenzen fließend. Eine Kaufsucht lässt sich erst dann sicher feststellen, wenn konkrete Muster wiederholt erkennbar sind. Zudem kann diese Art der Sucht in vielfältiger Weise auftreten. Während die einen Betroffenen vermehrt auf chronischer Schäppchenjagd sind, suchen andere wiederum nur Waren, welche es teuer oder in einem bestimmten Zustand zu erwerben gilt. Andere kaufen nur online ein und versuchen die Sucht vor dem Partner oder der Partnerin zu verschleiern, in dem alles heimlich nach Hause geliefert wird.
Es gibt aber auch Menschen, welche nicht für sich selbst einkaufen, sondern lieber das nähere Umfeld beschenken wollen. Verschiedene Verläufe sind bei der Krankheit ebenfalls die Regel. Diverse Phasen wie symptomfreie Zeiträume sind ebenso möglich, wo also der Zwang des Kaufens nicht befriedigt werden soll, wie auch Episoden, wo jeder Tag zum Shoppen genutzt wird bis es auf die Gesundheit geht. Diese Phasen und zeitliche Abläufe sind von Betroffenen zu Betroffenen unterschiedlich, das macht es oft auch so schwer, eine Diagnose in dem Segment zu erstellen.
Weshalb Menschen kaufsüchtig werden
Vorsicht, Kopfkinoalarm! Es gibt unterschiedliche Gründe, wieso Menschen kaufsüchtig werden. Niemand von uns kommt mit dieser Sucht und einer Aldi-Tüte ausgestattet sowie Portemonnaie in der Hand auf die Welt. Viele der erkrankten Menschen besitzen eine hohe Werteorientierung, wenn es um materielle Dinge geht. Im gleichen Atemzug leiden die persönlichen Werte und Bindungskompetenzen zu Menschen außerhalb der ersten Sozialisationsinstanz. Das heißt nichts anderes als dass materielle Güter und maximal noch das nähere Umfeld für Betroffene eine wichtige Rolle im Leben spielen. Es gibt also nur selten neutrale Meinungen und Menschen, welche Kaufsüchtige ihre Probleme aufzeigen oder sich trauen, diesen aktiv zu helfen.
Folgende Faktoren sind von Bedeutung, damit man kaufsüchtig wird oder als solches gilt:
- traumatische Erlebnisse in der Kindheit
- Der Umgang mit Geld wurde nie richtig gelehrt beziehungsweise gelernt
- Depressionen
- Bindungskompetenzen sind nur schwach ausgeprägt – Bindungsstörungen
- Soziale und alltägliche Ängste
- Persönlichkeitsstörungen wie Narzissmus und ein übersteigertes Ich-Wert-Gefühl
- Borderline-Syndrom
- Zugehörig in einer Sekte, welche materielle Dinge und den Status an oberster Stelle sehen
Viele wollen sich jedoch auch regelmäßig für das Geschaffene und Erledigte belohnen und dadurch etwas kompensieren, nämlich die fehlende Anerkennung von außen, beispielsweise des Arbeitgebers oder Partners (m/w/d). Das führt zu der scheinbar gängigen Aussage: Heute gönne ich mir mal was und belohne mich selbst. Doch dieser Vorgang tritt bei zahlreichen Menschen immer häufiger zum Vorschein, als Betroffener merkt man jedoch meistens nicht, dass genau dieses Reinsteigern einen selbst gesellschaftlich isolieren und arm machen kann.
Wohin Kaufsucht führen kann
Bewusst wurde das Wort „kann“ verwendet, da je nach Form und vorhandener sozialer Struktur im Umfeld die Krankheit unterschiedliche Auswirkungen hat. Oft bleibt die Kaufsucht für Außenstehende verborgen, man sieht Betroffenen also nicht immer an, dass sie ein Problem diesbezüglich haben. Kein Wunder, genau wie bei vielen Alkoholabhängigen versuchen Kaufsüchtige ihre Sucht einerseits sehr oft zu verschleiern, anderseits soll man erkennen, möglichst noch anerkennen, dass sie wieder etwas Tolles erworben haben, sei es ein Kleidungsstück, eine Kette oder Ring.
Wer erkennt, dass der Gegenüber kaufsüchtig ist, wird sich von dieser Person entweder abgrenzen und isolieren. Oder man ist so gefestigt und mag den Menschen, der hinter dieser Sucht steckt und versucht zu helfen oder zu vermitteln. Fakt ist aber, nicht jeder von uns ist vermögend. Was häufig vorkommt ist, dass Kaufsüchtige sich finanziell über kurz oder lang ruinieren, oft sogar verschulden. Das äußert sich über nicht bezahlte Rechnungen, dem Auftauchen eines Gerichtsvollziehers oder dem plötzlichen Auszug des Betroffenen aus einer Mietwohnung.
Kaufsucht Therapie: Hilfe durch Behandlung
Kognitiven Verhaltenstherapien können helfen, Betroffene aus dem Teufelskreis namens Kaufsucht herauszuholen. Bei dieser geht es darum, antrainierte Verhaltensweisen so zu ändern, dass sie nicht mehr in der bisherigen Form auftreten. In der Regel wird eine Gruppentherapie durchgeführt, wo ausschließlich Betroffene, welche an einer Kaufsucht leiden, daran teilnehmen. Diese geht in der Regel über mehrere Monate, wobei es wöchentlich mindestens eine Sitzung von ein bis zwei Stunden gibt. Es gibt auch Beratungsstellen die sich direkt um Suchtprobleme kümmern.
Während dieser werden viele Gespräche geführt, Ursachenforschung betrieben und Strategien entwickelt, Wissen vermittelt wie man als Betroffener die Suchtprobleme besiegen kann. Es geht also darum, sogenannte Bewältigungsmechanismen zu schaffen, die bei der Überwindung der Krankheit helfen. Dabei wird auch auf das Erzeugen einer Einsicht beim jeweiligen Betroffenen gesetzt. Das Problem hierbei ist, dass viele Betroffene zunächst wenig motiviert sind, an dem Problem der Kaufsucht etwas zu ändern. Das kommt daher, dass Menschen oft verschuldet sind und ihnen dadurch keine Perspektive mehr gegeben zu sein scheint.
Nach mir die Sintflut, lautet das Motto zahlreicher Erkrankten. Sie kaufen ein, ohne die möglichen Konsequenzen daraus zu sehen, beziehungsweise erkennen zu wollen. Genau diese Mauer gilt es einzureißen und das destruktive Verhalten ersichtlich zu machen. Menschen, welche an ihrer Situation was ändern wollen und an der Kaufsucht leiden, können mithilfe verschiedener Anlaufstellen wie Therapiezentren, Selbsthilfegruppe oder auch der Telefonseelsorge positive Veränderungen erzielen.